Mittwoch, 3. Mai 2017

"Carl Laemmle presents..." eine Ausstellung über die "universale" Filmindustrie

Am 1. Mai bin ich bei Regen nach Stuttgart gefahren, weil ich mich mit Günther und Karin im Haus der Geschichte zum Besuch der Ausstellung „Carl Laemmle presents“ verabredet hatte. Wir wollten uns um 15.00 Uhr im Museum treffen, aber ich war schon um 13.30 Uhr da, weil ich die Ausstellung schon einmal in Ruhe ansehen wollte. Lena wollte nicht mit. Sie fühlte sich nicht wohl und außerdem interessiere sie sich als Russin nicht für Amerika und schon gar nicht für Hollywood.
Die Ausstellung war, meinem Empfinden nach, oberflächlich, wie es sich andererseits für das „Oberflächen-Medium“ Hollywood-Kino gehört. Aber ich hatte auch gar nichts anderes erwartet. Dennoch erfahre ich ein paar neue Details über die Firma, die der einzige deutsche „Film-Mogul“ 1912 gegründet hat.
Der Jude aus Laupheim, über den ich bereits in einem früheren Blog-Beitrag geschrieben habe[1], war einerseits ein gewiefter Geschäftsmann, der den „armen“ Thomas Edison austrickste und dessen Kino-Monopol brach, indem er seine eigene Firma gründete, andererseits ein Menschenfreund, der vielen deutschen Juden zur Zeit der Nazi-Herrschaft zur Emigration verhalf, indem er mit sogenannten "Affidavids" für ihren Unterhalt in den Vereinigten Staaten bürgte.
Eigentlich liebte Laemmle Deutschland, was noch die Speisekarte zu seinem 50. Geburtstag am 17. Januar 1917 bewies, den er im deutschen „Aschenbrödel-Club“ in der Upper Eastside in Manhattan feierte: sie war durchweg zweisprachig. Zu seinem Geburtstag wünschte er sich sein deutsches Lieblingslied, die „Wacht am Rhein“ von Max Schneckenburger, die „inoffizielle Nationalhymne“ des Zweiten Deutschen Reiches (seit 1871). 
Die deutschfreundliche Einstellung des Laupheimer Filmproduzenten änderte sich schlagartig, nachdem die USA am 6. April 1917 gegen Deutschland in den Krieg zogen. Von nun an musste Laemmle auf Druck der amerikanischen Regierung antideutsch denken und handeln und produzierte einige der schrecklichsten antideutschen Propaganda-Filme.
Mit dem 50. Geburtstag setzt die Ausstellung des im Jahre 1867 als Jakob ben Jehuda Lämmle in der größten jüdischen Ansiedlung des Deutschen Reiches, in Laupheim, geborenen Mannes ein, der die Filmfirma „Universal“ gründete und groß machte.
Jeder der fünf Ausstellungs-Räume wird mit einem anderen Geburtstags-Foto „eröffnet“. Jedes dieser Fotos war, so erfahren wir bei der Führung durch einen jungen Kunsthistoriker, der gerade an seiner Doktorarbeit über den Barock arbeitet und sich ein wenig dazuverdient, sorgfältig inszeniert.
Carl Laemmle überließ nichts dem Zufall, und das entspricht wohl seinem jüdischen Charakter. Dabei kann man nur bewundern, wie er die Wirkung von Bildern, ob bewegt oder unbewegt, zur „Manipulation“ des Publikums einsetzte. Das wird schon im ersten Raum deutlich, wo Ausschnitte aus zwei Filmen gezeigt werden, die in seiner Firma entstanden sind: Eine Szene aus dem 1919 entstandenen antideutschen Propagandafilm „The Heart of Humanity“, in der „der böse Deutsche“, dargestellt von dem falschen Aristokraten und Exzentriker Erich von Stroheim, nach dem Einmarsch in Belgien eine Rot-Kreuz-Schwester, die er in der „eroberten“ Stadt mit ihrem Baby aufgespürt hat, vergewaltigt und das Baby durchs Fenster in die Flammen wirft, weil ihn das Geschrei nervt.[2]
Solche Bilder von den „german villains“ beeinflussten die Menschen auf der ganzen Welt nachhaltig und man kann sagen: bis heute. Mitglieder des „alten Michaelvolkes“ (Rudolf Steiner), die nach der Vertreibung aus Palästina im Jahre 70 nach Christi als erste „global“ agierten und sich selbst immer noch als  „auserwählt“ betrachten, brauchten offenbar ein negatives Gegenbild. Das fanden sie ab 1917 in dem „neuen  Michaelsvolk“, den Deutschen, die sie seitdem bei jeder Gelegenheit diffamieren.
Auch die Schlussszene aus Lewis Milestones Klassiker „All Quiet on the Western Front“ nach Erich Maria Remarques Bestseller „Im Westen nichts Neues“ zeigt die Brutalität eines deutschen Soldaten, der auf Paul Bäumer, den Helden des Romans, schießt, der gerade im Schützengraben einen schönen Schmetterling entdeckt hat und nach ihm greifen möchte. Die Kamera konzentriert sich in der letzten Einstellung nur auf die Hand des Antihelden, die durch ihre absterbende Bewegung anzeigt, dass der andere ihn tödlich getroffen hat.


Der Wirkung solcher Bilder kann man sich kaum entziehen. Sie prägen sich tief ein, genauso wie jene Szene aus dem Horrorfilm-Klassiker „Frankenstein“ aus dem Jahre 1931, in der das Monster des Doktor Frankenstein, nachdem es in die Welt entflohen war, am Genfer See auf ein mit Blumen spielendes junges Mädchen trifft und zum ersten Mal Gefühle zeigt. Die Einstellung, in der das Monster zum ersten Mal „lächelt“, berührt jeden Zuschauer, der jedoch im nächsten Augenblick geschockt wird, weil das Monster nicht begreift, dass man Kinder nicht wie Blüten ins Wasser werfen darf, was es aus lauter Begeisterung für das Spiel des Mädchens am Schluss der Szene doch tut und es dadurch „unwissentlich“ umbringt.


Solche Bilder gerinnen zu Ikonen, zu Archetypen, und dafür sind die vorwiegend jüdischen Filmleute scheinbar prädestiniert. Es kommt mir manchmal so vor, als würden sie hier jenes Verbot der Bildlosigkeit, das sie jahrtausendelang daran gehindert hat, sich Bilder zu machen, nun mit einem Mal über Bord werfen und gleichsam in einem Bilderrausch nachholen, was Mose ihnen einst verboten hatte. Im Grunde ist Hollywood eine einzige Rebellion gegen die eigene bildlose Buch-Religion.
Der Drang nach Bildern bricht in ihnen mächtig durch, als sie in diesem Medium ein gigantisches Geschäft erkennen. Die jüdischen Film-Mogule sind mit ihren Filmen unglaublich reich geworden. Carl Laemmle, der neben anderem ein leidenschaftlicher Spieler war, hat schließlich sein Vermögen und seine Firma durch seine Spielleidenschaft verloren. Das geschah 1936, drei Jahre vor seinem Tod am 24. September 1939.
Laemmle agierte weltweit, wie schon der Name „Universal“ sagte. Sein Wahlspruch war: „It can be done“: Es kann gemacht werden. Übersetzt heißt das: Was Geld bringt, mache ich, auch wenn „it“ unmoralich ist. 
Die Frage nach der Moralität wird dabei wie selbstverständlich an den Rand gedrängt. Auch dafür stehen die Filme der Universal-Studios, in denen in „schlüpfrigen“ Szenen immer wieder „Ehebruch“ propagiert wird, wie er unter den Filmstars und Produzenten von Hollywood heimlich oder offen in zahllosen Partys praktiziert wurde, wodurch die Stadt als „Sündenbabel“ schon bald weltweit in Verruf kam. 
Laemmle arbeitete ganz bewusst mit „Skandalen“ und erfand dadurch 1910 das Starsystem.[3] Seine „Marketing-Strategie“ ging meistens auf. So entstand bereits 1923 mit dem Erich-von-Stroheim-Film „Foolish Wives“ die mit einem Budget von über einer Million Dollar bis dahin teuerste Filmproduktion der Welt. Mit dieser Tatsache wurde erfolgreich geworben.
Durch die Ausstellung erfahre ich, dass die „Universal“ von Los Angeles bis Tokio über 120 Niederlassungen hatte. Der deutsche Vertreter der Firma, Paul Kohner (1902 – 1988), hatte sogar ein Widmungsschreiben von Paul von Hindenburg an „meinen jungen Freund“ erhalten, das in der Ausstellung gezeigt wird. Kohner hat deutsche Filmleute wie Luis Trenker, Arnold Fanck, Leni Riefenstahl und viele andere zur Firma gebracht und mit ihnen Filme wie „Der Rebell“, „Der verlorene Sohn“ oder „SOS Eisberg“ gedreht.

Der Bergfilmer Arnold Fanck (1889 – 1974) war einer der Lehrer von Harald Reinl (1908 – 1986), der in den 50er Jahren mit Heimatfilmen und in den 60er Jahren mit den Winnetou-Filmen berühmt wurde. Leni Riefenstahl (1902 – 2003), die Schöpferin so bildgewaltiger Filme wie „Triumpf des Willens“ (1934) und „Olympia“ (1936), hat unter Goebbels mit den gleichen manipulativen Mitteln wie Hollywood für die „Gegenseite“ gearbeitet.
Paul Kohner ist noch vor dem Zweiten Weltkrieg nach Hollywood zurückgekehrt und hat dabei zahlreiche deutsche Künstler aus der Filmbranche mitgenommen. 1938 gründete er dort den „European Film Fund“, dessen Präsident Ernst Lubitsch wurde. Er sammelte Spenden für die aus dem Hitlerreich Geflohenen.
Durch Kohner kamen neben Stars wie Marlene Dietrich und Greta Garbo zum Beispiel auch der Kameramann Karl Freund (1890 – 1969) sowie der Regisseur Kurt Neumann (1898 – 1958) nach Hollywood. Karl Freund, der seit 1913 als Kameramann beim deutschen Film arbeitete, war durch die Kameraarbeit an Fritz Langs „Metropolis“ berühmt geworden und filmte in Hollywood mit „Dracula“ den zweiten großen Horror-Klassiker. 
Neumann führte Regie bei den deutschen Tonfilmfassungen von amerikanischen Originalen in den 30er Jahren, bevor diese dann später für den deutschsprachigen Markt synchronisiert wurden. Ende der 40er Jahre schuf er drei Tarzan-Filme mit Johnny Weissmüller und 1957 den Film „Lederstrumpf“ (The Deerslayer), in dem Lex Barker, ein weiterer Ex-Tarzan (fünf Mal von 1947 bis 1953) und der spätere Old Shatterhand (siebenmal von 1962 bis 1968), die Titelrolle spielte.
Die beiden deutschen Filmleute erscheinen an prominenter Stelle auf dem Geburtstagsfoto vom 17. Januar 1933, als Carl Laemmle 66 Jahre alt wurde.
Genau hinter Laemmle war der Brite Boris Karloff platziert, der als „Monster“ im Film „Frankenstein“ weltweit bekannt wurde. Dies könnte auch als eine unbewusste Ankündigung eines anderen „Monsters“ aufgefasst werden, denn zwei Wochen nach dieser Geburtstagsfeier „erfolgte die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler“ (Katalog).
Hollywood war es immer wieder gelungen, genuine Metaphern für historische Ereignisse zu erschaffen und diese dadurch zu „kommentieren“.
Die jüdischen Filmemacher, zu denen auch Fritz Lang gehörte,  hatten offenbar ein tieferes Gespür für entsprechende Bildschöpfungen, die sich tief in die Seelen einprägten. Schon der jüdische Filmkritiker Siegfried Krakauer (1889 – 1966) hat in seinem berühmten Essay „Von Caligari bis Hitler“ (1947) auf den Zusammenhang solcher dämonischer Filmfiguren wie der fiktiven Verbrecher Doktor Mabuse und Caligari mit dem 1933 aus dem Chaos der Weimarer Republik auftauchenden Kleinbürger Adolf Hitler hingewiesen.
Kracauer spricht dabei immer wieder vom „Kollektivbewusstsein“, einer tieferen psychologischen Ebene, die vor allem das deutsche Volk in die Katastrophe geführt habe.
An dieses Kollektivbewusstsein wendet sich meiner Meinung nach jeder Film des Mainstream-Kinos, insbesondere die weltweit populären Filme Hollywoods. Ich denke da vor allem an die Star-Wars-Serie von George Lucas oder die Jurassic-Park-Serie von Steven Spielberg. Der eine zeigt eine kriegerisch-laute interplanetare Zukunftswelt, der andere geklonte bedrohliche urzeitliche Dinosaurier, die in einer fiktiven Gegenwart ihr Unwesen treiben. Die beiden Freunde Spielberg und Lucas, der eine erfolgreicher Jude, der andere buddhistischer Methodist, haben gemeinsam auch die „Indiana-Jones-Serie“ geplant und sind heute mit ihren Studios „Dreamworks“ und „Lucasfilm“ (2012 an den Disney-Konzern verkauft, bei dem Lucas neben Apple Hauptaktionär ist) die Herren von „New Hollywood“.
Dreamworks- beziehungsweise Amblin-Filme werden heute von „Universal Pictures“ vertrieben und verliehen. So schließt sich ein Kreis.
Wie wertvoll solche Filme für die Weiterentwicklung des menschlichen Individualbewusstseins sind, mag jeder selbst beurteilen. Jedenfalls fordern sie demjenigen, der sie bewusst anschaut, viel innere Aktivität ab, anders natürlich als jenen Kinogängern, die die „Blockbuster“ mit einem Eimer Popcorn auf dem Schoß einfach nur „konsumieren“ wollen.




[2] Der geile „Hunne“ überschreitet in dieser Szene gleich drei „rote Linien“: er vergeht sich an einer fremden Frau, er missachtet das Rot-Kreuz-Zeichen und er tötet ein Baby. Durch die Konzentration des dreifachen Verbrechens auf wenige Minuten erreicht die Szene eine Wucht der Wirkung, der sich kein Kinogänger entziehen kann. Dabei muss auch beachtet werden, dass es nicht die gebildeten Schichten waren, die ins Kino gingen, sondern die einfachen Leute, die das Manipulative solcher Bilder nicht durchschauten und wie unmündige Kinder Fiktion leicht mit Realität verwechseln konnten. Aber genau darauf war die ganze Filmkunst ausgelegt.
[3] Dabei ist die bis 1909 nur unter dem Namen „Biograph-Girl“ bekannte Schauspielerin Florence Lawrence, die neben Mary Pickford der erste bekannte Filmstar wurde, zu erwähnen. Laemmles damalige Firma IMP lancierte eine Falschmeldung vom tödlichen Straßenbahnunfall des „Biograph-Girls“ und bezeichnete kurze Zeit darauf die Geschichte als reine „Lüge“. „Der erste Auftritt von Lawrence danach am 2.April 1910 geriet in St. Louis zu einem umjubelten Triumph. Eine Masse von begeisterten Fans wollte die ‚lebende‘ Schauspielerin unbedingt sehen. IMP hatte die gewünschte Aufmerksamkeit erzielt.“ (Katalog S 64)

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